Stri'eppowend

Eine nette Geschichte des verstorbenen Mundartdichters Rudi Wohlfahrt

War früher im Garten der Rübstiel (Stri'epp- oder Reuwenmauß) erntereif, so war ein Stri'eppowend fällig. Urahne, Großmutter, Mutter und Kind, Cousinen, Tanten und hilfreiche Nachbarinnen fanden sich ein, um den Rübstiel zu stri'eppen.

Darunter versteht man das Abstreifen der Blätter. Nur der Stiel wird gebraucht. Eine mühselige Arbeit. Die Männer, wohlversorgt mit langen und halblangen Pfeifen sowie mit einer Kanne Broselmanns, Pickards oder Hesterbergs, waren mit von der Partie. Sie besorgten das Schneiden. Dies geschah auf einem Brett, auf dem ein gebogenes Messer befestigt war. Ansonsten wurde auch Strangtabak damit geschnitten. Es ging aber auch mit dem Brotschneider. Die geschnittenen Stiele fielen vom Tisch gleich in das Einmachdüppen.

Die Frauen sangen dabei Küchenlieder und die Herren der Schöpfung erzählten alte Dönekes. Großvater, also der Bestvader, saß in seinem Lehnstuhl und überwachte das Ganze. Manchmal rief er: "Nich so fien, ett meuten Zündhäutkes si'en." Er liebte es wohl grober geschnitten. Beim Schneiden musste man auch sehr aufpassen. Eine abgeschnittene Fingerkuppe ist nun mal keine ideale Fleischbeilage....

Heute, in unserer schnelllebigen Konservenzeit, ist die "Stri'eppowendromantik" leider dahin. Böse Zungen behaupten sogar, es gäbe manchmal kein Mittagessen, weil der Dosenöffner kaputt sei. Das ist zwar übertrieben, aber die Arbeit mit dem Stri'eppmauß machen sich nicht mehr sehr viele Zeitgenossen.

Ja, und am Mittag des nächsten Tages gab es dann das erste Moaltiedken Stri'eppmauß. Bestvader mampfte, was nur reinging. Speisereste im grauen Bart murmelte er mit vollem Mund: "Dat schmatt!" Darauf die Bestmoder: "Me hördet un me sühdet!"

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